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Briefing

Coronavirus: Immer mehr Home Office. Was Arbeitgeber jetzt berücksichtigen sollten

Die Ausbreitung des COVID 19-Virus stellt Unternehmen vor zahlreiche Herausforderungen. Zum einen müssen sie die Sicherheit und Gesundheit ihrer Mitarbeiter gewährleisten, zum anderen muss der Betrieb weitergeführt werden. Fast alle Unternehmen reagieren derzeit mit der Empfehlung oder sogar Anweisung an ihre Mitarbeiter, von zu Hause aus zu arbeiten (sog. Telearbeit und umgangssprachlich Home Office genannt). In der Folge der COVID 19-Pandemie arbeiten derzeit in Deutschland (und darüber hinaus) Tausende von Mitarbeitern nicht mehr in ihren Betriebsstätten, sondern von zu Hause aus.

Neben den praktischen Schwierigkeiten wie der Einrichtung zahlreicher Home Office-Zugänge, genügend Hardware und der Funktionsfähigkeit der IT-Infrastruktur gibt es bei der Durchführung von Home Office auch eine Reihe rechtlicher Herausforderungen, denen man sich als Unternehmen stellen muss (siehe hierzu u.a. auch bereits der Beitrag vom 13. März 2020). Dies wiegt umso schwerer, wenn man bedenkt, dass derzeit nicht absehbar ist, wann ein reguläres Arbeiten in den Betriebstätten wieder gestattet werden kann.


Keine gesetzliche Regelung zur Verlagerung der Tätigkeit in das Home Office
Die Verlagerung von Mitarbeitern in das Home Office (oder ein entsprechender Anspruch der Arbeitnehmer) ist gesetzlich nicht geregelt. Grundlage für eine Verlagerung des Arbeitsplatzes ist daher entweder der Arbeitsvertrag oder eine Kollektivvereinbarung.
Dort wo keine Regelungen zum Arbeiten im Home Office existieren, dürfte eine einseitige Anordnung des Arbeitgebers nicht zulässig sein, da der Arbeitgeber nicht über den privaten Wohnraum seiner Mitarbeiter verfügen darf.

Voraussetzung für das Arbeiten im Home Office ist jedoch, dass der heimische Arbeitsplatz hinsichtlich seiner Ausstattung generell dazu geeignet ist, von dort aus die Arbeitspflicht zu erbringen. Hierbei sollte auf die Einhaltung des Datenschutzes, die Datensicherheit und die Einhaltung von Mitbestimmungsrechten geachtet werden:


Beachtung datenschutzrechtlicher Vorgaben
Trotz der aktuellen Krise sollten Unternehmen bei der Durchführung von Home Office das Datenschutzrecht nicht aus den Augen verlieren, denn beim Arbeiten im Home Office werden vielfach personenbezogene Daten von anderen Mitarbeitern, Kunden oder Lieferanten verarbeitet, deren Schutz unter die datenschutzrechtlichen Regelungen (das BDSG bzw. die DSGVO) fällt. Dies gilt vor allem, da nicht auszuschließen ist, dass die Arbeit im Home Office für die nächsten Wochen fortgesetzt wird.

Der Arbeitgeber ist als Verantwortlicher im datenschutzrechtlichen Sinne für die Einhaltung der entsprechenden Vorschriften hinsichtlich dieser personenbezogenen Daten verantwortlich und muss Verstöße gegen das Datenschutzrecht vermeiden. Hier ist insbesondere sicherzustellen, dass technisch-organisatorische Maßnahmen auch für den Bereich des Home Office greifen (z.B. die Gewährung von Zugang zu bestimmten Datenbanken nur passwortgeschützt). Sofern beim Arbeitgeber durch den Einsatz von Home Office auch das Verhalten und die Leistung der Mitarbeiter überwacht werden kann, greift das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates.


Datensicherheit
Datenschutz ist das eine, Datensicherheit ist das andere. Bei letzterem geht es vor allem um den Schutz vertraulicher und häufig sensibler Unternehmensdaten, die vielfach Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse darstellen werden. Auch diese Datensicherheit sollte bei der Umstellung auf das Home Office so gut wie möglich gewährleistet bleiben. Mittel der Wahl können hier Kontroll- und Überwachungsmechanismen sein, denen sich der Arbeitgeber bedienen kann. Dies wäre etwa über ein Zutrittsrecht des Arbeitgebers zu der Wohnung des Arbeitnehmers unter bestimmten Voraussetzungen denkbar. Hier sollte allerdings eine konkrete Vereinbarung abgeschlossen werden.

Praktikabler als Zutrittsrechte dürften – gerade vor dem Hintergrund der jetzigen Situation – aber in jedem Fall technische Kontrollmechanismen sein. Zu diesen Kontrollmechanismen zählen auch Zugriffsmöglichkeiten auf den Arbeitsplatz des Arbeitnehmers, die von extern erfolgen können („remote access“). Soweit es hier zur Überwachung von Verhalten und Leistung der Arbeitnehmer kommen kann, greift das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates. Dieses kann durch eine förmliche Betriebsvereinbarung, aber auch durch eine formlose Vereinbarung (Regelungsabrede) ausgeübt werden (siehe dazu sogleich).

Darüber hinaus spielen Sicherheitsmaßnahmen beim Transport, der Übertragung sowie Vernichtung von Daten eine wichtige Rolle. Die Mitnahme von Daten in Papierform sollte nur mit vorheriger Erlaubnis des Arbeitgebers gestattet sein. Zudem sollten dienstliche Unterlagen nicht im privaten Hausmüll entsorgt werden (etwa nachdem sie zu Hause ausgedruckt worden sind), um zu vermeiden, dass unbefugte Dritte Zugang zu sensiblen Geschäftsgeheimnissen des Arbeitgebers erhalten.


Beteiligungsrechte des Betriebsrates

Sowohl bei der Planung als auch bei der Durchführung von Tätigkeiten im Home Office ist der Betriebsrat grundsätzlich zu beteiligen. Hat der Betriebsrat der Umstellung auf das Arbeiten im Home Office zugestimmt, sollte die Umsetzung im Einklang mit der Vereinbarung mit dem Betriebsrat erfolgen.

Für den Fall, dass Home Office – etwa aufgrund der Dringlichkeit ohne Beteiligung des Betriebsrats vereinbart wurde –, gilt folgendes:
Das Betriebsverfassungsgesetz unterscheidet hier zwischen Eilfällen einerseits und Notfällen andererseits. Bei „Notfällen“ dürfen die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats zugunsten einer sofortigen Regelung allein durch den Arbeitgeber vorübergehend außer Acht gelassen werden. Der Betriebsrat muss aber über den Eintritt des Notfalls und die vorläufigen Maßnahmen unterrichtet werden. Zudem sollte der Arbeitgeber die Beteiligung des Betriebsrats nachholen, sofern die Maßnahmen für die Zukunft weiter bestehen werden. Ein Notfall liegt aber nur bei absoluten und nicht vorhersehbaren Extremsituationen vor (anerkannte Beispiele sind Feuer oder drohende Explosion der Betriebsstätte). Nach derzeitigem Stand handelt es sich bei der Corona-Krise und ihren Folgen wohl noch nicht um einen solchen Notfall. Dies gilt dann auch für eine drohende Insolvenz des Unternehmens, die aus der Krise resultiert.

Vielmehr dürfte es sich bei Anordnungen, die zum jetzigen Zeitpunkt in Bezug auf Arbeiten im Home Office erlassen werden oder bereits wurden, um solche handeln, die als Eilfälle einzustufen sind. Das bedeutet aber nicht, dass die Mitbestimmungsrechte entfallen, der Betriebsrat ist lediglich verpflichtet, dringende Entscheidungen des Arbeitgebers zu ermöglichen. Anders kann dies allenfalls dann sein, wenn im Unternehmen eine Rahmenvereinbarung existiert, die es dem Arbeitgeber erlaubt, in Eilfällen einseitige Anordnungen zu treffen. Ob dies der Fall ist, sollten Unternehmen sorgfältig prüfen.

Im Ergebnis sollte versucht werden mit dem Betriebsrat zu einer zügigen und unbürokratischen Einigung zu gelangen. Dies sollte in jedem Fall auch noch nachgeholt werden, sofern die Durchführung des Home Office bereits ohne vorherige Zustimmung des Betriebsrats erfolgt ist.
Bei der Beteiligung des Betriebsrates ist auch zu beachten, dass die Ausübung von Mitbestimmungsrechten nicht allein in Form der (schriftlich abzuschließenden) Betriebsvereinbarung erfolgen muss. Vielmehr kann hier auch die (formlose) Regelungsabrede helfen.


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Dr. Thomas Granetzny, Principal Associate

Anja Markworth, Associate